Housing First
Das, was für die meisten Menschen in unserem Land eine selbstverständliche Oase ist, ist es für mehr als eine halbe Million Männer und Frauen nicht: das eigene Zuhause, in das man sich jederzeit zurückziehen kann. Sie leben auf der Straße – mit allen damit verbundenen Problemen. Das zu ändern ist das Ziel von „Housing first“, einem Konzept, das im Gegensatz zu allen herkömmlichen Formen der Unterstützung Wohnungsloser von einem neuen Ansatz ausgeht: An erster Stelle steht eine eigene Wohnung – und erst danach werden die Probleme angegangen, die zuvor zur Wohnungslosigkeit geführt haben, wie etwa Arbeitslosigkeit oder Alkoholismus. Das in den USA entwickelte Konzept erscheint vielversprechend und verringert sogar die mit Obdachlosigkeit verbundenen öffentlichen Kosten. Denn durch die sichere, auf Dauer angelegte Unterkunft verbesserte sich auch der Gesundheitszustand der Teilnehmer, was zum Beispiel den Einsatz von medizinischen Versorgungsleistungen reduzierte.Die Schwierigkeit von Housing First hierzulande besteht in dem angespannten Wohnungsmarkt. Trotzdem gibt es gute Ansätze. Zum Beispiel den Lebensraum o16, eine Unterkunft am Rande des Ostparks in Frankfurt am Main. Das nach seiner Adresse, der Ostparkstraße 16, benannte Haus ist zwar als Notunterkunft gedacht, aber es hat Zimmer, bietet Schutz und die Möglichkeit zum Rückzug. Und es rückt Obdachlosigkeit in den Blick statt sie zu verstecken: Mit seiner leuchtend blauen Fassade ist das Haus ein Hingucker in der grünen Parklandschaft und zugleich ein Statement, das zeigt: Es geht auch anders.
Foto: Außenansicht von Lebensraum o16 Ostpark, Architekt Prof. Dr. Michel Müller, Darmstadt, in Zusammenarbeit mit den Künstlern Prof. Heiner Blum und Jan Lotter, Offenbach am Main.