Citizen Science

Citizen Science, auf Deutsch Bürgerwissenschaft, ist eine fantastische Möglichkeit für naturinteressierte Laien, durch eigene Beobachtungen die Wissenschaft zu unterstützen.

Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt und reichen von der Entzifferung alter pflanzenkundlicher Handschriften über phänologische Beobachtungen bis zur Untersuchung von Baumkrankheiten im eigenen Wohnumfeld. Die Wissenschaft ist für diese Unterstützung aus vielen verschiedenen Quellen dankbar, denn sie ist, etwa wenn es um KI-gestützte Forschungsvorhaben geht, auf enorme Datenmengen angewiesen. Mittels einfach auf dem Smartphone zu installierenden Apps kann jeder und jede solche Daten sammeln und den Wissenschaftler*innen zugänglich machen. Das Wissen der Vielen ist damit ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Forschung, egal ob es sich um ein dauerhaftes oder gelegentliches Engagement, um aufwändige Messungen oder ein einfaches Foto handelt.

Eine gute Übersicht über verschiedene Citizen-Science-Projekte bietet die Seite www.mitforschen.org, wo man unter dem Punkt „Mitforschen“ viele Beispiele, geordnet nach Thema und Ort, findet. Eine kleine Auswahl bundesweit angesetzter Aktionen, bei denen man sofort losforschen kann, haben wir im Folgenden für Sie zusammengestellt.

Das Landschaftsfoto-Portal

Eine neue Idee für alte Fotoalben: Das vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz ins Leben gerufene Portal nutzt private Landschaftsaufnahmen für die Biodiversitätsforschung. Denn solche Fotografien sind wichtige Zeugnisse der Veränderungen unserer Umwelt durch Bebauung, Verkehrswege oder Landwirtschaft und einen häufig damit einhergehenden Rückgang der Wälder. Einmal angemeldet, können Interessierte schnell und unkompliziert ihre privaten Landschaftsaufnahmen hochladen. Diese müssen keine besonderen Qualitätsanforderungen erfüllen, entscheidend ist ihr dokumentarischer Wert als Quelle von Umweltveränderungen im vergangenen Jahrhundert. Als solche stehen sie Wissenschaftler*innen, etwa aus den Bereichen Geografie, Ökologie, Geologie und Forstwirtschaft, genauso wie Laien, zur freien Verfügung. Eine weitere Möglichkeit der Teilnahme besteht in der Kommentarfunktion, mit der man wichtige Hinweise zu fehlenden Orts- oder Zeitangaben einer Aufnahme beisteuern – und ganz nebenbei beim Betrachten alter Aufnahmen vielleicht einen Austausch der Generationen anstoßen kann.

Zum Landschaftsfoto-Portal

Flora incognita

Flora Incognita ist eine kosten- und werbefreie App, mit deren Hilfe man Pflanzenarten bestimmen und weiterführende Informationen, etwa zu Verbreitung und Schutzstatus einer Pflanze, erhalten kann. Das Forschungsprojekt der TU Ilmenau und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und war offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt. Darüber hinaus stellt die App Verknüpfungen zu verschiedenen Citizen-Science-Projekten her und nutzt so die gesammelten Daten als Beitrag für die Pflanzenforschung. Eines dieser Projekte ist PollenNet, mit dessen Hilfe langfristig genaue Vorhersagen zum Zeitpunkt des Pollenflugs der Hasel gemacht werden sollen. Dies ist besonders für Menschen mit pollenbedingten Allergien der Atemwege wichtig – immerhin fast ein Drittel der Weltbevölkerung. Die Aufgabe für die Laienforscher*innen besteht darin, die im Volksmund Kätzchen genannten männlichen Blüten der Hasel zu fotografieren und die Aufnahme in der App mit Datum und Ortsangabe zu speichern. Mit den auf diese Weise gesammelten Daten wird dann eine künstliche Intelligenz zur Pollenflugvorhersage trainiert.

Details zum Flora-Incognita-Projekt

Transkriptionswerkstatt

Dass man auch ohne botanische Kenntnisse oder ausgedehnte Streifzüge in der Natur einen Beitrag zur naturkundlichen Forschung leisten kann, zeigt die am Museum für Naturkunde Berlin etablierte Transkriptionswerkstatt, bei der Texte aus alten Handschriften von Laien entziffert und damit heutigen Wissenschaftler*innen leichter zugänglich gemacht werden. Das Museum bewahrt in seinem Archiv an die 40.000 handgeschriebene Schriftstücke aus dem 18. bis 20. Jahrhundert, darunter beispielsweise Reisetagebücher, Briefe und Etiketten. Alle diese Schriftstücke haben eine Verbindung zu den wissenschaftlichen Sammlungen des Museums und sind deshalb für die heutige Forschung eine wichtige Quelle. Das Problem: Sie sind größtenteils in den alten deutschen Handschriften Kurrent und Sütterlin verfasst, die heute kaum noch jemand lesen kann. An dieser Stelle setzen die Laienforscher*innen an: Sie transkribieren die alten Schriften mit Hilfe einer digitalen Plattform und erschließen sie auf diese Weise der aktuellen Forschung. Unterstützt werden die freiwilligen Helferinnen und Helfer durch wöchentliche Online-Treffen, in denen bestimmte Themen, Fragen und Anliegen besprochen werden. Die Transkriptionswerkstatt richtet sich an Interessierte, die über Kenntnisse im Entziffern von Kurrent und Sütterlin verfügen.

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Treechecker

„Bäume helfen dir gesund zu bleiben, hilf du den Bäumen!“ Unter diesem Motto will das Baum-Beobachtungsprogramm des Schulbiologiezentrums Hannover erforschen, welche Baumarten sich besonders für Städte eignen – nicht nur in Hannover, sondern in ganz Deutschland. Als Treechecker sieht man sich einen oder mehrere Bäume in seiner Umgebung über einen längeren Zeitraum genauer an und trägt in einen Beobachtungsbogen Angaben zur Art des Baumes, zu seinem Standort und seinem Gesundheitszustand ein. Dabei helfen Tipps zur Bestimmung, ausgewählte Antwortmöglichkeiten und Bilder, sodass auch Laien zuverlässige Angaben machen können; außerdem ist es ausdrücklich erwünscht, wenn die Daten von einem Baum auch von unterschiedlichen Personen unabhängig voneinander erfasst werden. Anhand der Ergebnisse, die immer zum Jahresende in einer deskriptiven Statistik präsentiert werden, erhoffen sich die Initiatoren Rückschlüsse darauf, welche Stadtbäume weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge sind, wie sich Schädlinge ausbreiten und ob es zum Beispiel regionale Unterschiede gibt: wichtige Erkenntnisse, die dabei helfen, dass Bäume auch in Zukunft unsere Städte bereichern.

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