Augustinum Gruppe
175 Jahre alt ist die Diakonie Deutschland 2023 geworden. Diakonie gilt als tätiger Arm der evangelischen Kirche, als gelebte christliche Nächstenliebe. Auch das Augustinum ist Mitglied im evangelischen Wohlfahrtsverband. Dr. Matthias Heidler, Geschäftsführer in der Augustinum Gruppe und Mitglied im Diakonischen Rat, dem Aufsichtsgremium des Diakonischen Werks Bayern, über die besondere Verbindung.
Von der kleinen lokalen Sozialstation mit nur wenigen Mitarbeitenden bis zur international tätigen Institution mit mehreren Tausend Beschäftigten − zur evangelischen Diakonie zählt eine Vielzahl unterschiedlicher helfender Angebote. Darunter auch große diakonische Unternehmen wie das Augustinum mit seinen bundesweit mehr als 5.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Seniorenresidenzen und Sanatorien, der Klinik, den Pädagogischen Einrichtungen und dem Augustinum Berchtesgadener Land.
Bereits seit 1955 ist das Augustinum Mitglied im Diakonischen Werk Bayern, das wie die Diakonischen Werke anderer Landeskirchen wiederum Teil der Diakonie Deutschland ist. Rund 3.000 Einrichtungen, 98.000 Beschäftigte und 20.000 Ehrenamtliche, damit ist die bayerische Diakonie der zweitgrößte Verband der freien Wohlfahrtspflege in Bayern. Zu den Hauptaufgaben zählen die Interessenvertretung gegenüber Politik und Gesellschaft, die Koordination der diakonischen Arbeit und die Verteilung kirchlicher Mittel für die Diakonie.
Vorrang der freien Wohlfahrt
Die Diakonie ist Teil der freien Wohlfahrtspflege, in der sich Unternehmen, Vereine und andere Institutionen organisieren, um soziale Leistungen in der Gesellschaft zu erbringen. Neben der evangelischen Diakonie gibt es die katholischen Einrichtungen und Werke mit dem Dachverband der Caritas sowie eine Vielzahl weltanschaulich neutraler Anbieter. Die soziale Versorgung ist in Deutschland eine staatliche Aufgabe, nach dem Subsidiaritätsprinzip hat aber das Angebot der freien Wohlfahrtspflege immer Vorrang vor dem Angebot einer staatlichen Institution.
Angebote im sogenannten entgeltfinanzierten Bereich werden überwiegend von den Sozialversicherungen refinanziert. Hierzu zählen Krankenhäuser oder die stationäre Altenpflege. Andere Arbeitsfelder wie Beratungsstellen oder Schulen erhalten zwar teilweise staatliche Zuschüsse, sind aber auch auf Eigenmittel angewiesen. Hier sind die kirchlichen Zuschüsse, die über das Diakonische Werk und die Evangelische Schulstiftung zugeteilt werden, unverzichtbar.
Diakonie und Kirche
Diakonie und Kirche sind jeweils eigenständig verfasste Organisationen, gleichzeitig aber wechselseitig aufeinander angewiesen und eng verbunden. Grundlegend in den Überzeugungen des christlichen Glaubens, im Detail zum Beispiel auch im Arbeitsrecht, wo das Grundgesetz Kirche und Diakonie die Freiheit eigener Regelung erlaubt. So gilt in Kirche und Diakonie der sogenannte Dritte Weg. Beschäftigte und Arbeitgeber stehen sich nicht gegenüber, sondern bilden eine Dienstgemeinschaft, die Arbeitsbedingungen und Vergütungen im Konsens festlegt. Streik und Aussperrung sind ausgeschlossen, im Streitfall gibt es eine verbindliche Schlichtung.
Als Mitglied der Diakonie bewegt sich das Augustinum in einem Regelungsraum, den die Kirche einbringt. Traditionell ist das Augustinum trotzdem unternehmerischer aufgestellt als viele andere Mitglieder. Mit den privat finanzierten Erträgen seiner Seniorenresidenzen kann sich das Augustinum weitgehend selbstständig finanzieren; die Einrichtungen und Schulen der Eingliederungshilfe, für Menschen mit Behinderung, mit Hörschädigung, für Kinder und Jugendliche mit sozialem und emotionalem Förderbedarf sind dennoch stark von öffentlichen Mitteln abhängig. Überschüsse, die die Augustinum Gruppe erwirtschaftet, fließen anders als bei renditeorientierten Unternehmen nicht ab, sondern wieder zurück in die gemeinnützigen Arbeitsfelder.
Besondere Gemeinschaft
Diakonie ist Tun und Handeln, aktive Unterstützung und Begleitung für Menschen, wo sie es brauchen. Getragen vom Engagement und der bedingungslosen Zuwendung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsteht in unseren Einrichtungen eine besondere Gemeinschaft, die oft über viele Jahre wächst und die christlichen Wurzeln des Augustinum spürbar werden lässt. Dabei werden kirchliche Ansichten gerade von Jüngeren oft als konservativ und einschränkend erlebt. Vielfalt und Diversität spielen eine wichtige Rolle, wo verschiedene Glaubensrichtungen und Kulturen eng miteinander zusammenarbeiten. Umso mehr gilt für das Augustinum als diakonisches Unternehmen, offen und selbstkritisch zu sein, einladend und authentisch einen liberalen christlichen Auftrag zu leben.
Dr. Matthias Heidler,
Mitglied der Geschäftsführung der Augustinum Gruppe
Foto: Augustinum/Christian Topp